Wissenschaftspreis für Frau Prof. Claudia Wiesemann

Göttinger UMG-Forscherin erhält die Auszeichnung für jahrzehntelange Forschung

 

DNA-Datenbanken, Sterbehilfe, Schwangerschaftsabbrüche oder Organtransplantationen – starke und gesellschaftlich relevante Debatten werden in der Medizin ständig geführt. Schließlich geht es dabei in vielen Fällen um die Selbstbestimmung oder gar um Leben und Tod. Umso wichtiger also, dass Ärztinnen und Ärzte dazu einen moralischen Leitfaden an die Hand bekommen, wie sie auf bestimmte Situationen oder Patienten reagieren können. Dafür gibt es die Forschungsdisziplin Medizinethik.
Einen wichtigen Beitrag zur Debatte über Medizinethik hierzulande hat eine Wissenschaftlerin der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) geleistet: Claudia Wiesemann ist Professorin und seit 1998 Direktorin des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin. Und am Dienstag ist sie für ihre mehr als dreißig Jahre andauernde Forschung mit dem niedersächsischen Wissenschaftspreis 2022 ausgezeichnet worden.
„Seit den 1990er Jahren hat sich das Fach Medizinethik rasant entwickelt. Darüber bin ich sehr glücklich. Medizinethik sorgt für eine wichtige Form der Qualitätssicherung in der Medizin: eine Verständigung über die normativen Ziele der Medizin und die Mittel, sie zu erreichen“, sagte Wiesemann bei der Verleihung. „Der Preis gilt zunächst einmal aber der Medizinethik selbst. Denn er zeigt, wie wichtig es ist, sich mit ethischen Fragen im Gesundheitswesen auseinanderzusetzen. Er stärkt die Kolleginnen und Kollegen, die mit mir zusammen diese Entwicklung vorangetrieben haben. Mich persönlich motiviert er, mich auch weiterhin für einen fairen ethischen Diskurs von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit einzusetzen.“
Wolfgang Brück, Sprecher des Vorstandes der UMG und Dekan der Medizinischen Fakultät erklärte: „Wir freuen uns und sind stolz darauf, dass in diesem Jahr mit Claudia Wiesemann eine Wissenschaftlerin aus der Universitätsmedizin Göttingen ausgezeichnet wurde, die sich wie keine zweite um ein Thema in der Medizin als Grundlage und Entscheidungsfaktor für medizinisches Handeln verdient gemacht hat: die Ethik in der Medizin. Sie hat weit über Niedersachsen hinaus die Sichtbarkeit dieses Faches etabliert und in den Kanon medizinischer Ausbildung eingeführt. Wir gratulieren Prof. Wiesemann zu dieser bemerkenswerten Anerkennung.“
Wiesemann hat Medizinethik entscheidend vorangetrieben
In der Begründung zur Auszeichnung heißt es: Wiesemann habe wesentlich dazu beigetragen, den in einer pluralen Gesellschaft so wichtigen Themen und Fragestellungen der Medizinethik in Deutschland Anerkennung zu verschaffen. Die Professionalisierung des interdisziplinären Fachs Medizinethik in der deutschen Hochschullandschaft habe sie nachhaltig vorangetrieben. Unter ihrer Ägide wurde die Ausbildung des Nachwuchses im Fach Medizinethik intensiv vorangetrieben.
In enger Kooperation mit der vom Land Niedersachsen geförderten Geschäftsstelle der Akademie für Ethik in der Medizin in Göttingen entwickelte sich das Göttinger Institut für Ethik und Geschichte der Medizin zu einer zentralen Anlaufstelle für die Ausbildung junger Wissenschaftler sowie klinischer Ethikberater.
Mit Weitblick, Beharrlichkeit, Ausdauer und weit überdurchschnittlichem Engagement habe Claudia Wiesemann die Entwicklung der Medizinethik in Deutschland inhaltlich und diskursiv maßgeblich geprägt und zu deren struktureller Verankerung in Ausbildung, Forschung und Praxis beigetragen, heißt es in der Begründung der Jury weiter.
Mit dem Wissenschaftspreis Niedersachsen werden jedes Jahr Wissenschaftler sowie Studierende niedersächsischer Hochschulen für ihre hervorragenden Leistungen in Forschung, Lehre oder Studium ausgezeichnet. Die Preisträger zeichnen sich durch ihren außergewöhnlichen Einsatz für Kooperationen mit anderen Hochschulen sowie der Wirtschaft aus oder überzeugen durch ihr Engagement für ihre Kommilitonen in der studentischen Selbstverwaltung oder bei ehrenamtlichen Tätigkeiten. Die Preisträger wurden von den niedersächsischen Hochschulen vorgeschlagen. Die Auswahl übernahm die Wissenschaftliche Kommission Niedersachsen.

Quellenangabe: Göttinger Tageblatt vom 16.11.2022, Seite 11
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